Haftung der Reitbeteiligung

Reitbeteiligung

Die Haltung eines Pferdes ist mit finanziellem und zeitlichem Aufwand verbunden. Das Pferd wird also einer weiteren Person bzw. weiteren Personen zur Nutzung angeboten. Welche Nutzung, etwa die Teilnahme an Turnieren oder am Reitunterricht erlaubt ist, hängt davon ab, was die Parteien vertraglich vereinbart haben. 

Was ist der Reitbeteiligungsvertrag rein rechtlich? Es kommt drauf an!

Gesetzlich werden Tiere wie Sachen behandelt, daher sind nach § 93 BGB die allgemeinen Vorschriften - soweit anwendbar - auf Tiere übertragbar. Im Zusammenhang mit der Reitbeteiligung sind die allgemeinen Vorschriften im BGB, etwa §§ 535 ff. BGB zu beachten.

In der Regel finden die Vorschriften zum Leih- und Mietvertrag Anwendung. Bei einer Reitbeteiligung kann es sich zwar auch um eine reine Gefälligkeit handeln, bei der keine rechtliche Bindung gewollt ist, allerdings gilt dies nur bei einem einmaligen oder sehr gelegentlichen Reiten auf einem fremden Pferd. 

Bei einem Mietvertrag, bei dem ausdrücklich ein Entgelt für die Nutzung des Pferdes vereinbart wird, haftet der Vermieter für den “ordnungsgemäßen“ Zustand des Pferdes. Das bedeutet, dass das Pferd sich für den vertragsmäßigen Zweck (Reiten, Longieren etc.) eignen muss und eine entsprechende Ausrüstung vorhanden sein muss.  Erfolgt dagegen die Überlassung des Pferdes unentgeltlich, handelt es sich um einen Leihvertrag. Beim Leihvertrag sieht das Gesetz grundsätzlich keine Kündigungsfristen vor. Der Verleiher kann das Pferd als “Leihgegenstand” jederzeit zurückverlangen (§ 604 Abs. 3 BGB). 

Um hier Streitigkeiten zu vermeiden, sollten ausdrückliche Regelungen zur Kündigung vereinbart werden. 


Abschluss eines schriftlichen Reitbeteiligungsvertrags ist empfehlenswert 

Häufig bekomme ich als Anwältin zu hören, dass kein Vertrag vorliegt, weil nichts Schriftliches vorliegt. Um sich rechtlich zu verpflichten, ist nicht immer ein schriftlicher Vertrag erforderlich. Verträge können auch mündlich geschlossen werden. Die Reitbeteiligung unterliegt mangels gesetzlicher Vorschriften keiner bestimmten Form. Sie kann daher grundsätzlich „per Handschlag“ zwischen den Beteiligten abgeschlossen werden. Hier ist allerdings Vorsicht geboten. Im Falle einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung sind die getroffenen Absprachen gegebenenfalls im Streitfall nachzuweisen. Sofern kein schriftlicher Vertrag vorliegt, müsste ein solcher Beweis etwa durch die Vernehmung von Zeugen geführt werden. Dies kann sich in der Praxis schwierig gestalten. 


Wer sich verpflichtet, haftet auch! 

Die Nutzungsvereinbarung bietet für den Pferdehalter und die Reitbeteiligung aber nicht nur Vorteile. 

Tierhalter ist nach § 833 BGB, wer „die tatsächliche Bestimmungsmacht über das Tier übernimmt, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und letztlich auch das Risiko seines Verlustes trägt“. Der Tierhalter haftet, außer im Schadensereignis hat sich nachweislich nicht die „typische Tiergefahr“ verwirklicht. Das bedeutet, dass nach ständiger Rechtsprechung nur ausnahmsweise keine Haftung des Tierhalters in Betracht kommt, wenn die Ursache des Fehlverhaltens nicht in einem „der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbstständigen Verhalten des Tieres“ liegt. Steuert die Reitbeteiligung das Pferd absichtlich über ein frisch eingesätes Feld, so haftet nicht der Tierhalter, sondern die Reitbeteiligung. Geht das Pferd durch, haftet der Tierhalter, da sich damit eine tiertypische Gefahr verwirklicht. Letztere Konstellation wird die praxisrelevantere sein, zumal ein absichtliches Verhalten auch zunächst der Reitbeteiligung nachzuweisen ist. 


Aktuelles Urteil zur Haftung des Pferdehalters gegenüber der Reitbeteiligung

Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat mit Urteil vom 29.03.2017 (Az. 4 U 1162/13) entschieden, dass die Vereinbarung einer Reitbeteiligung nichts an der Tierhalterhaftung ändert. Geklagt hatte die gesetzliche Krankenversicherung der geschädigten Reiterin. Diese hatte mit der beklagten Eigentümerin des Pferdes eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach sie deren Pferd an drei Tagen pro Woche gegen Bezahlung eines Betrages von 100 Euro pro Monat nach Belieben ausreiten durfte. Bei einem Ritt auf der Koppel fiel die Reiterin vom Pferd und erlitt eine Querschnittslähmung. Erstinstanzlich waren die Richter der Auffassung, mit dem Vertrag über die Reitbeteiligung hätten Geschädigte und Pferdehalterin stillschweigend einen Haftungsausschluss vereinbart (LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 12.04.2013, Az. 12 O 7714/12). Dieser Ansicht folgte der 4. Zivilsenat des OLG Nürnberg nicht. Die Reitbeteiligung war von der Haftpflichtversicherung der beklagten Pferdeeigentümerin nicht erfasst. Die Beklagte war zum Unfallzeitpunkt alleinige Halterin des Pferdes. Sie habe das Bestimmungsrecht über das Tier und trage sämtliche Aufwendungen, wie etwa für Futter, tierärztliche Behandlungen oder die Versicherung. Die Geschädigte zahlte hingegen nur ein geringes Entgelt für die gelegentliche Nutzung des Pferdes. Für die Haftung des Tierhalters komme es alleine darauf an, ob sich eine spezifische Tiergefahr verwirklicht habe. Dies sei hier der Fall, weil das Pferd ohne Grund plötzlich losgerannt und es deshalb zu dem Unglück gekommen sei. Ein Haftungsausschluss zwischen der Geschädigten und der Eigentümerin des Tieres sei dabei auch nicht vereinbart gewesen. Nach Ansicht des Senats haftet die Pferdeeigentümerin aber nur zur Hälfte. Die Geschädigte sei im Moment des Unfalls nämlich Tieraufseherin gewesen. In diesem Fall bestehe eine gesetzliche Vermutung dafür, dass die Geschädigte ein Sorgfaltsverstoß treffe und dieser auch für den Schaden ursächlich geworden sei, so der Senat. Der Reiterin sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. 


Haftungsrisiko minimieren durch den Abschluss von Versicherungen 

Um das Haftungsrisiko des Pferdehalters und der Reitbeteiligung zu minimieren, bietet sich der Abschluss folgender Versicherungen an: 

Zunächst sollte beachtet werden, dass der Halter des Pferdes eine Tierhalterhaftpflichtversicherung besitzt. Dies ist zwar gesetzlich nicht verpflichtend, aber ratsam. Dazu mag man sich kurz folgenden Fall vorstellen: Das eigene Pferd geht durch, rennt unkontrolliert über einen Golfplatz und kollidiert zu guter Letzt im Eingangsbereich der Anlage auch noch mit einem Fahrzeug. Dabei kann nicht nur ein hoher Sachschaden, sondern im schlimmsten Fall auch noch ein erheblicher Personenschaden entstehen. Um eventuelle Versicherungsfälle mit einzuschließen, sollte die Tierhalterhalterhaftpflichtversicherung auch ein Fremdreiterrisiko umfassen. 

Anzuraten ist auch der Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung, unabhängig davon, ob es sich um den Eigentümer des Pferdes, Gastreiter oder Reitbeteiligung handelt. Diese tritt ein, wenn beim Reiten oder Umgang mit dem Pferd Dritte geschädigt werden, ohne dass sich die typische Tiergefahr realisiert hat, sondern der Schaden auf ein fahrlässiges Verhalten des Reiters zurückzuführen ist. So mag man sich die Situation vorstellen, in der der Reiter beim Überqueren einer Straße einen vorfahrtsberechtigten PKW übersieht und es dadurch zu einer Kollision zwischen dem PKW und dem Pferd kommt, bei der der Autofahrer verletzt und/oder sein PKW beschädigt wird. Darüber hinaus ist der Abschluss einer privaten Unfallversicherung sinnvoll, die bei bleibenden Gesundheitsschäden eine Invaliditätsleistung in Form einer Einmalzahlung oder einer Rente gewährt. Zusätzlich kommen noch weitere Versicherungen in Betracht, wie etwa die Tierlebens- oder OP-/Krankenversicherung in Betracht. 


Nur ein wirksamer Haftungsausschluss ist Gold wert

Zur Risikominimierung kann die Haftung vertraglich ausgeschlossen werden. Ein Haftungsausschluss bringt nicht nur Vorteile für den Pferdehalter, sondern auch für die Reitbeteiligung mit sich. So kann sowohl zugunsten des Pferdehalters  ein Haftungsausschluss, eine Haftung des Halters bei Unfall des Reiters verhindert oder zugunsten der Haftung des Reiters bei fahrlässiger Verletzung des Pferdes oder Beschädigung des Zubehörs vermeiden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der vereinbarte Haftungsausschluss auch wirksam ist. Bei Minderjährigkeit der Reitbeteiligung ist beispielsweise darauf zu achten, dass auch die Erziehungsberechtigten der vertraglichen Vereinbarung zustimmen. Beschränkungen gibt es beim Ausschluss von Ansprüchen Dritter (z. B. Krankenversicherung etc.); diese können nicht wirksam vereinbart werden.

Füllt man beispielsweise ein Formular aus dem Internet aus, der einen Haftungsausschluss beinhaltet, der für eine „Vielzahl von Fällen vorformuliert ist“, muss die Wirksamkeit vor dem Hintergrund der Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) überprüft werden. In diesem Zusammenhang ist besonders relevant, dass beispielsweise Ansprüche wegen der  Verletzung einer Person oder Ansprüche wegen grober Fahrlässigkeit im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam ausgeschlossen werden können. Der Anwendungsbereich der AGB lässt sich nur dadurch umgehen, soweit der Haftungsausschluss individuell zwischen den Parteien ausgehandelt und vereinbart wurde; dann sind weitergehende Ausschlüsse möglich.


Sinnvolle vertragliche Vereinbarungen

In einem Vertrag für eine Reitbeteiligung können eine Vielzahl von Bestimmungen geregelt werden. Welche Regelungen getroffen werden, ist immer einzelfallabhängig. Es empfehlen sich im Rahmen des Reitbeteiligungsvertrags zu den nachfolgenden Punkten, schriftliche Vereinbarungen zu treffen: 

• Angaben zum Pferdehalter / Angaben zur Reitbeteiligung 

• Angaben zum Pferd (u.a. Eigenheiten)

• Minderjährigkeit

• Vergütung (zwischen 50 und 150 € im Monat, je nach Ausbildungsstand des Pferdes) 

• Teilnahme an Turnieren bzw. Wettbewerben, ggfs. Aufteilung von Preisgeldern

• Befristung des Vertrages (befristet oder unbefristet)

• Pflichten der Reitbeteiligung (u.a. Stalldienste oder Medikamentengabe)

• Art und Weise wie das Tier genutzt werden soll (Dressur, Springreiten usw.)

• Vorgaben zur Teilnahme am Reitunterricht


Tipp! Je detaillierter der Vertrag ist, desto geringer ist das Risiko für Streitigkeiten zwischen dem Pferdehalter und der Reitbeteiligung. 


Vertragsunterlagen gut aufbewahren

Die vertraglichen Vereinbarungen sollten von beiden Parteien unterschrieben werden, wobei jeder Partei eine Kopie zusteht. Beide Parteien sollten das Dokument gut aufbewahren, falls es später Streitigkeiten gibt.


 Sie wollen Ansprüche (insb. Schmerzensgeld) gegen den Pferdehalter geltend machen?  Gerne beraten wir Sie zum Thema Reitbeteiligung. Umgekehrt beraten wir Sie als Pferdehalter, wenn Ihre Reitbeteiligung mit Schadensersatzforderungen auf Sie zukommt. 

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